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Brauerei St. Bernardus
St. Bernardus Brauerei in Belgien
St. Bernardus Brauerei – Von Mönchen, Käse, Reformen und der Legende um Abt 12
Die Brauerei St. Bernardus liegt in dem idyllischen 1.900-Seelen-Dorf Watou in Flandern, im äußersten Westen Belgiens, einen Katzensprung von der französischen Grenze entfernt. Watou gehört zum Kreis der Stadt Poperinge und weist neben einer Kirche aus dem 12. Jahrhundert vor allem eine Besonderheit auf: Bier.
Gleich zwei Brauereien nennen Watou ihre Heimat, namentlich die Brouwerij Van Eecke sowie die St. Bernardus-Brauerei, deren Biere wie das Abt 12 oder das St. Bernardus Tripel es zu internationalem Ruhm gebracht haben.
Die Brouwerij St. Bernardus nahm 2014 ein neues Sudhaus in Betrieb und braut seitdem über 80.000 Hektoliter (1 hl = 100 l) Bier jährlich, um der wachsenden Nachfrage gerecht zu werden. Damit zählt sie zu den mittelständischen Braubetrieben des Landes. Trotz des scheinbaren Mönches auf dem Etikett handelt es sich bei St. Bernardus nicht um eine Trappistenbrauerei. Die Trappisten sind ein Zisterzienserorden, der durch seine klösterliche Braukunst die belgische Bierkultur maßgeblich geprägt hat. Dennoch braut St. Bernardus Biere im Trappistenstil und von ausgezeichneter Qualität. Um zu verstehen, wie es dazu kam, unternehmen wir einen Ausflug in die bewegte Geschichte des Zisterzienserordens.
St. Bernardus Brauerei Geschichte
Bier und Käse – die Zweifalt der klösterlichen Geschichte von St. Bernardus
Seinen Namen erhielt St. Bernardus über einige Umwege. Im späten 19. Jahrhundert flohen die Zisterzienser aus Catsberg/Mont des Cats vor den antiklerikalen Bewegungen in Frankreich über die Grenze nach Belgien. Dort gründeten sie das “Refuge Notre Dame de St. Bernard”.
Der Name bezieht sich auf Bernard de Claiveaux (1090-1153, Heiligsprechung 1174 durch Papst Alexander III). Claiveaux gilt als wichtigster Reformator des Zisterzienserordens und trug entscheidend dazu bei, den Orden über ganz Europa zu verbreiten. Seine Verehrung durch Martin Luther und seine Erwähnung in Goethes Faust zeugen von seiner Bedeutung auch hierzulande.
Das Refugium, zuvor eine Farm, finanzierte sich in der Zeit seines Exils über die klösterliche Käserei. Auch im ersten Weltkrieg nutzten die Trappisten aus Mont des Cats ihr Refugium in Belgien, da Watou als Ruhezone hinter der Front vom Unbill des Krieges verschont blieb. Im Jahr 1934 allerdings war es soweit: Mont des Cats war wieder aufgebaut, das Refugium damit unnötig.
Auftritt Bier: Abtei St. Sixtus Westvleteren
Hier trat Evarist Deconinck auf den Plan. Der erfahrene Kasereibesitzer übernahm das Anwesen und stellte unter dem Namen „Sint Bernardus“ weiterhin Käse her. Doch wie erschien Bier auf der Bildfläche? Evarist unterhielt gute Beziehungen zu den ebenfalls dem Trappistenorden angehörenden Mönchen der ca. 12 km entfernten St. Sixtus-Abtei Westvleteren. Deconinck traf sich mit dem Abt des Klosters sogar ganz gern zum Kartenspielen. Doch im Einklang mit dem Motto „ora et labora“ waren die Mönche zu dem Schluss gelangt, dass der kommerzielle Biervertrieb sie zu sehr vom religiösen Leben abhielt. Dennoch brauchte man Geld für die Renovierung des Klosters. Das Biergeschäft musste also ausgelagert werden,
Nach dem zweiten Weltkrieg wurde ein Vertrag geschlossen, der 30 Jahre Bestand haben sollte: Deconinck erhielt die Lizenz für das Brauen und den Vertrieb der Biere aus Westvleteren. Der polnische Braumeister der Abtei, ein Laie namens Mathieu Szafranski, wurde gemeinsam mit den Deconinck-Brüdern Antoine und Evarist Partner des neuen Unternehmens. Er brachte die Rezepte, das Wissen und auch den originalen Hefestamm mit nach Watou. Die Mönche brauten indes weiter, taten dies jedoch nur für den Eigenbedarf und für drei Cafés in direkter Umgebung des Klosters.
1959 kaufte Belgomilk den Käsereiteil des Unternehmens, und das Gebäude wurde zu einer Pension umgebaut, die Bierfreunden einen bequemen Unterschlupf in unmittelbarer Nähe der Brauerei bietet – das Bed & Breakfast Brouwershuis.
Ein Bier-Mythos wird geboren
Die Lizenz lief im Jahre 1992 aus, da die Trappisten allgemein entschieden hatten, dass nur noch tatsächlich auf klösterlichem Boden gebrautes Bier auch das Siegel “Trappist” tragen darf. Die Trappisten organisierten sich, und unter der Schirmherrschaft der neuen Organisation wurde ein ambitioniertes Projekt ins Leben gerufen: Westvleteren sollte eine neue Brauerei ins alte Gemäuer gebaut bekommen. Das Projekt gelang, obgleich der Austoß ob der beschränkten Kapazitäten jedoch gering blieb.
Dies hatte zur Folge, dass Westvleteren-Bier zu einer der meistgesuchten Raritäten unter den Bierspezialitäten aufstieg. Das Brimborium rund um das Erlangen der begehrten Flaschen wurde zum Mythos der Bierwelt: Anmeldung per Nummernschild, der Kauf beschränkt auf wenige Kästen, dazu ein zu unterschreibender Wisch mit der Erklärung, dass Bier nicht kommerziell weiterzuverkaufen. Insbesondere Westvleteren 12 erlangte Kultstatus, es hagelte Auszeichnungen zum besten Bier der Welt von Online-Bewertungsportalen wie Ratebeer.com. Währenddessen braute St. Bernardus, nun ohne Lizenz, heimlich, still und leise weiter eben jene Biere, die sie in den vergangenen Jahrzehnten auch hergestellt hatten. Nur musste man dafür nicht persönlich bei der Brauerei vorstellig werden oder exorbitante Preise auf dem Bierschwarzmarkt bezahlen (eine 0,33l. Flasche Westvleteren 12 kostet in Deutschland in etwa 15-20€).
St. Bernardus' Niedergang nach dem Ende des Sixtus-Vertrags
Der Verlust der Lizenz war ein herber Schlag für St. Bernardus. Man hatte viel in den Aufbau einer Marke investiert, die nun der Klosterbrauerei zugute kam. Wenn die Mönche von Westvleteren ihre Biere wieder selbst brauen, wozu braucht es dann noch St. Bernardus?
Es scheint, das zu diesem Zeitpunkt die „alte Garde“ von St. Bernardus vom Glauben abfiel. Es wurde nicht mehr modernisiert, die Brauerei lief so vor sich hin, stagnierte erst, fiel dann einer Rezession anheim. Hinzu kamen Brauereikonzerne, die den belgischen Markt gehörig durchrüttelten und den Biermarkt für immer veränderten. Schließlich stand St. Bernardus zum Verkauf.
St. Bernardus Brauerei Neuzeit
Eine neue Generation
Im Jahr 1998 kaufte Hans Depypere die Brauerei dem vorigen Eigner Guy Claus (der als leitender Ingenieur Deconincks Tochter geheiratet hatte) für eine unbekannte Summe ab. Danach waren erst einmal gründliche Modernisierungen fällig.
Die altehrwürdigen Kupferkessel wurden in Rente geschickt und sind nun Teil der Brauereiführungen. Bei St. Bernardus ist man jedoch stolz darauf, geschmackliche Veränderungen der Biere durch den Umstieg vermieden zu haben. Es wurde ein professioneller Vertrieb aufgesetzt, seit anderthalb Jahrzehnten betreut Marco Pasarella Marketing und Verkauf – erfolgreich, denn inzwischen geht es St. Bernardus so gut wie nie.
St. Bernardus heute
Der Ausbau der Brauerei trägt der internationalen Nachfrage Rechnung. Ungefähr die Hälfte des gebrauten Biers geht in den Export, und mit den nun 80.000 Hektolitern Jahreskapazität dürfte St. Bernardus seine Rolle als belgisches Traditionsbier erster Güte weltweit weiter festigen.
Das Brauwasser wird aus 120 Meter Tiefe gewonnen und ist weich und sehr salzreich – so sehr, dass es vor seinem Einsatz sogar leicht entsalzt wird.
Der hauseigenen Hefe schreibt man einen hohen Vergärungsgrad zu, es verbleiben also wenig unvergorene Zucker im fertigen Bier (das verringert u.a. die Gefahr des Katzenjammers).
Ironischerweise stieg man in Westvleteren auf die Hefe vom Trappistenkloster Westmalle um (die z.B. den Bierstil Dubbel erfunden haben). St. Bernardus hingegen braut auch heute noch mit der Originalhefe von St. Sixtus aus den 60ern. Hieraus, und aus dem anderen Wasser, ergeben sich kleine Unterschiede in den Bieren. Westvleteren 12 und St. Bernardus Abt 12 sind also ganz klar nicht die gleichen Biere, ähneln sich aber ob der geschichtlichen Verbundenheit sehr. Somit werden die Biere von St. Bernardus mit Fug und Recht als geistige Erben der Original-Westvleteren-Biere gesehen.
Die Beziehungen zum Kloster St. Sixtus in Westvleteren sind einstweilen gut, trotz der schwierigen Scheidungsphase für St. Bernardus. Man kennt sich und hilft sich, verweist interessierte Kundschaft gern auf das Angebot des jeweils anderen. Teil der Abmachungen zu Ende des Lizenzvertrages ist, dass St. Bernardus keinerlei Hinweise auf Trappisten auf die Etiketten druckt. Auch der charakteristische Mönch wurde säkularisiert, dank offener Robe und fehlender Tonsur könnte er nun auch ein mittelalterliches Ratsmitglied sein. Ganz aufgeben wollte St. Bernardus die ikonische Figur jedoch nicht. Der Brauereilegende zufolge wird auch heute noch jeder 1.000 „Mönch“ statt nur fröhlich prostend auch mit einem Augenzwinkern gedruckt. Die Sammelleidenschaft, bei den extrem lang haltbaren Bieren von St. Bernardus ohnehin schon groß, wird dadurch zusätzlich beflügelt.
Sortenvielfalt: St. Bernardus-Einkaufsführer
Das altehrwürdige Sortiment wurde in jüngerer Vergangenheit um ein Weihnachtsbier (St. Bernardus Christmas Ale) ergänzt, welches sofort zahlreiche Anhänger fand. Auch das Extra 4, ein leichtes Blondes, welches in den Siebzigern außer Mode geriet, ist seit 2014 als Sommerbier ab Mai wieder mit von der Partie. Zudem engagiert man sich im Bereich der Holzreifung, und ein auf Eiche gelagerter Abt 12 (Abt 12 Oak Aged) ist mittlerweile erhätlich. Ansonsten bietet St. Bernardus die folgenden Biere dauerhaft an:
St. Bernardus Biere im Stammsortiment
St. Bernardus Wit - 5,5% Volumen
Ein typisches, belgisches Weizenbier, dessen erster Sud zusammen mit legendären Braumeister Pierre Celis eingebraut wurde. Pierre Celis brachte Witbier in den 60ern zurück in seine Heimatstadt Hoegaarden (sprich: Hucharden), bevor die Marke nach einem Brand vom heutigen Anheuser Bush-InBev gekauft wurde.Das Bernardus Wit ist sehr hell, duftet fruchtig zwischen Apfel und Banane. Es gleicht seine Koriander- und Orangenschalenwürze mit leichter, honighafter Süße aus und ist allgemein ein typisch beschwingtes Sommerbier.